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Wie kann Deutschland seine Mehrwertsteuerlücke schließen?

Bundesrechnungszentrale_Wie kann Deutschland seine Mehrwertsteuerlücke schließen

Jährlich entgehen den EU-Mitgliedsstaaten Einnahmen aus der Mehrwertsteuer in Milliardenhöhe. Geld, das anderweitig dringend gebraucht würde. Möglichkeiten zur Schließung dieser Mehrwertsteuerlücke gäbe es.

Inhaltsverzeichnis

134 Milliarden Euro Mehrwertsteuereinnahmen entgingen den Mitgliedsstaaten der EU im Jahr 2019. Zu dieser Schätzung kommt die Europäischen Kommission in ihrem Bericht zur Mehrwertsteuerlücke im Jahr 2021, der jährlich fortgeschrieben wird.

Was ist die Mehrwertsteuerlücke?

Die Mehrwertsteuerlücke definiert die Differenz zwischen den eigentlich zu erwartenden und tatsächlich erhaltenen Mehrwertsteuereinnahmen. Die aktuellen Summen würden etwa ausreichen, um in der EU jährlich 250 hochmoderne Krankenhäuser zu errichten. Sinnvoll wäre das Geld auch für die dringend notwendigen Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimakatastrophe.

Die Mitgliedsstaaten haben zwar die Problematik der Mehrwertsteuerlücke erkannt und handeln. Wie der Report zeigt, würde es unter Beibehaltung der aktuellen Maßnahmen indes 13 Jahre dauern (!), um die bestehende Lücke zu schließen.

Mehrwertsteuerlücke bleibt in Deutschland stabil

Für Deutschland weist die aktuelle Ausgabe des Reports eine stabile Mehrwertsteuerlücke über die Jahre aus, die sich um die 9 Prozent entgangener Steuereinnahmen bewegt. In Schweden beträgt sie dagegen nur 1,4 Prozent, in Zypern lediglich 2,7 Prozent.
Grafik_Bundesrechnungszentrale_VAT Gap Report

Ursache ist nicht der Mehrwertsteuerbetrug allein

Die Mehrwertsteuerlücke hat verschiedenen Ursachen. Dabei handelt es sich nicht ausschließlich um Betrug oder Steuervermeidung. Auch Zahlungsunfähigkeit, Insolvenzen und Verfahrensfehler spielen eine Rolle.

Die Grenzen zwischen einer Steuerverkürzung und vorsätzlichem Betrug können fließend sein, entsprechend aufwendig sind Ermittlungsverfahren. Die aber nur dann eingeleitet werden, wenn sich im Rahmen von Stichproben oder Steuerprüfungen hinreichende Verdachtsmomente ergeben.

Gerade die zunehmende Nutzung und Verbreitung von Plattformen und Marktplätzen im grenzüberschreitenden Handel erleichtert es gewerbsmäßigen Betrügern, keine oder zu geringe Umsatzsteuern abzuführen. Die sich damit auch einen unfairen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Anbietern erschleichen.

Gesetzgebung hindert Unternehmen, die Mehrwertsteuer korrekt abzuführen

Zu bedenken ist dabei auch, dass aktuelle Gesetzgebung und Verfahren es Handelsunternehmen erschweren, die Mehrwertsteuer korrekt zu erheben und an das richtige Finanzamt abzuführen. Gerade das Bestimmungslandprinzip überfordert häufig kleinere Unternehmen, zumal für die gleichen Produkte in den Mitgliedstaaten unterschiedliche Steuersätze gelten.

Es fehlt an einheitlichen Regelungen und einer systematischen Kontrolle bei der Erhebung der Mehrwertsteuer und deren Zahlung an die Finanzbehörden.

Wie Italien den Mehrwertsteuerbetrug bekämpft und die Mehrwertsteuerlücke verkleinert

In absoluten Zahlen weisen Deutschland und Italien nach Schätzung der EU-Kommission die höchsten Mehrwertsteuerlücken auf. So entgehen den italienischen Steuerbehörden Einnahmen in Höhe von 30,1 Mrd. Euro, dem Bund 23,4 Mrd. Euro. Allerdings hat Italien in den vergangenen Jahren Maßnahmen zur Reduzierung der Mehrwertsteuerlücke und zur Bekämpfung der Schattenwirtschaft ergriffen. So konnte das Land die Mehrwertsteuerlücke bereits um 5 Mrd. Euro schließen.

Italien setzt auf ein sogenanntes „Clearance-Modell“, das sich von den Ansätzen Lateinamerikas inspirieren ließ. Mexiko konnte so als einer der Vorreiter eine Mehrwertsteuerlücke schließen, die sich nominal bei 21 Prozent des Jahresbudgets bewegte.

Grafik_Bundesrechnungszentrale_VAT Italien

Vorbild Mexiko

Beim mexikanischen Modell, das in ähnlicher Form auch andere Staaten adaptierten, stellen nicht mehr die Lieferanten die Rechnungen aus. Stattdessen übernehmen staatlich lizenzierte Unternehmen diese Aufgabe auf Basis der vom Lieferanten gelieferten Daten. Somit werden alle Transaktionen (indirekt) über Regierungsbehörden abgewickelt. Anders als in Deutschland ist Mehrwertsteuerbetrug somit ausgeschlossen. Denn die von der Clearingstelle ermittelte Steuer entspricht einerseits den aktuellen rechtlichen Vorgaben. Andererseits wird die Steuer auch unmittelbar abgeführt.

Indirekt ergeben sich für die mexikanischen Steuerbehörden noch weitere Vorteile. Denn kommt ein Unternehmen anderen rechtlichen Vorgaben nicht nach, kann eine mögliche Sanktion im Ausschluss vom Clearance-Modell bestehen. Die Firma ist somit zunächst nicht mehr in der Lage, weitere Rechnungen zu stellen, bis die Vorgaben umgesetzt sind.

Ganz so weit reichen die Befugnisse der italienischen Clearingstellen nicht, aber die verpflichtende Vorlage aller Rechnungen vor der Transaktion und dem Rechnungstausch bei den Steuerbehörden erhöht den Druck auf Steuersünder deutlich und erschwert den Steuerbetrug signifikant.

Mehrwertsteuer-Probleme im grenzüberschreitenden Handel lösen

Für den grenzüberschreitenden Handel würde die europaweite Einführung von Clearingstellen eine bedeutsame Vereinfachung mit sich bringen. Denn durch die unmittelbare Kommunikation zwischen den Clearingstellen und den direkten Datenaustausch sind die heute auftretenden Probleme ausgeschlossen. Falsche Berechnungen der Umsatzsteuer sind genauso wenig möglich, wie eine Umgehung der Mehrwertsteuerzahlungen.

Deutschland hat beste Voraussetzungen zum Schließen der Mehrwertsteuerlücke

n Deutschland existieren optimale Voraussetzungen, um den gleichen Weg zu beschreiten, wie ihn Italien oder Mexiko gewiesen haben. So sind die Lieferanten des Bundes seit November 2020 dazu verpflichtet, E-Rechnungen zu stellen. Im Gegensatz zu Rechnungen in Papierform oder digitalen Bildformaten wie dem PDF liegen die Rechnungen in einem maschinenlesbaren Format vor. Dieses würde die automatisierte Kontrolle und Freigabe von Rechnungen auch in anderen Bereichen erlauben.

Unternehmen müssen ohnehin digitale Steuerinformationen nutzen

Eine solche Verpflichtung gibt es im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und mit Endkund:innen noch nicht. Allerdings ergibt sich aus dem Steuerrecht die Verpflichtung zur Einhaltung der GOBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form). Die GOBD erlaubt Unternehmen zwar den Einsatz von Bilddateien für den Rechnungsversand. Die Richtlinien verpflichten indes auch, die Vollständigkeit und Unveränderbarkeit nachzuweisen. Dies wird technisch in der Regel durch den Einsatz eines DMS (Dokumentenmanagement-Systems) umgesetzt.

Im Rahmen der Steuerprüfung sind die Daten den Finanzbehörden ohnehin in einem definierten digitalen Format zu übergeben. Um die Compliance zu erfüllen, werden Unternehmen entsprechende technische Lösungen einsetzen. Diese sollten unter Einhaltung von Übergangsfristen in der Lage sein, die Rechnungen ebenfalls als E-Rechnung zur Verfügung zu stellen.

Grafik_Bundesrechnungszentrale_e-Rechnung

Einheitliches Rechnungsformat bietet Vorteile

Im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen wäre ein übergreifendes Rechnungsformat vorteilhaft, da es als Basis für Automatisierungen dienen kann, was die Effizienz in Firmen erhöht. Rechnungen an Privatkund:innen wären weiterhin in Papierform oder als elektronisches Dokument möglich, da es sich dabei lediglich um eine Präsentationsform der maschinenlesbaren Daten handelt.

Ein einheitliches Format könnte indes auch zu einem größeren Komfort für Privatnutzer:innen führen. So wäre es denkbar, dass Banken und Sparkassen innerhalb ihrer Online-Banking-Angebote Schnittstellen für den Upload elektronischer Rechnungen einrichten. So würden sich die Kund:innen das manuelle Erfassen der Zahlungsinformationen ersparen. In zahlreichen Apps von Banken ist ja bereits heute eine Funktion enthalten, Rechnungen zu fotografieren. Eine optische Zeichenerkennung bearbeitet die hochgeladenen Bilder und ermittelt die Informationen des Zahlungsempfängers.

Alles spricht für eine Zentralstelle für die Mehrwertsteuer

In Anbetracht des gewaltigen finanziellen Schadens, der sich aus Mehrwertsteuerbetrug und Unregelmäßigkeiten für den Bund ergeben, spricht somit viel für die Einrichtung eines Clearance-Modells auch in Deutschland, um so die Mehrwertsteuerlücke dauerhaft zu schließen.

Expertise von fino hilft beim Aufbau der Bundesrechnungszentrale

Der richtige Partner für die Umsetzung dieses Vorhabens ist fino. Denn die fino group ist seit Jahren maßgeblicher Innovationstreiber jeglicher Finanztechnologien wie zum Beispiel in den Bereichen Regulatorik, Steuern und Dokumentenmanagement.

Mit unserer umfassenden Expertise in der OCR-Technologie ist es problemlos möglich, Rechnungen automatisiert auszulesen – ohne dass dafür ein einheitliches Rechnungsformat vorliegen muss! Mit ihrer langjährigen Branchenerfahrung hilft die fino group gerne beim Aufbau der ersten deutschen Bundesrechnungszentrale, um die Mehrwertsteuerlücke endlich nachhaltig zu schließen.

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